Digitale Souveränität. Zwei Wörter, die auf den ersten Blick harmlos klingen, beinahe technokratisch. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Sie stehen im Zentrum eines stillen Machtkampfs. Es geht um Kontrolle. Um Unabhängigkeit. Und letztlich um nichts Geringeres als die Fähigkeit eines Staates und seiner Bürger, sich in einer digitalen Welt selbstbestimmt zu bewegen.
Was heißt das konkret? Wer souverän ist, entscheidet selbst, welche Technologien er nutzt, wem er vertraut, wo seine Daten liegen und wer Zugriff darauf hat. Ein digital souveräner Staat betreibt kritische Infrastrukturen nicht über Software, die aus dem Silicon Valley stammt, sondern über Systeme, die er versteht, kontrolliert und notfalls reparieren kann. Ohne Hintertüren, ohne Zwangsupdates, ohne Abhängigkeiten von multinationalen Konzernen, deren Interesse vor allem darin liegt, Quartalszahlen zu erfüllen.
Und hier kommt die Verwaltung ins Spiel.
Denn dort, in Behörden, Ministerien, Rathäusern und Ämtern, werden täglich Millionen Entscheidungen getroffen, Daten erhoben, gespeichert, verarbeitet. Sie sind das digitale Rückgrat der Demokratie. Wenn Verwaltungen Software nutzen, dann ist das keine rein technische Entscheidung, es ist eine politische. Wer Microsoft Office einführt, holt sich die USA ins Haus. Wer Cloud-Dienste aus China verwendet, gibt Kontrolle ab. Wer SAP, Oracle oder Google einsetzt, zahlt nicht nur Lizenzgebühren, sondern auch mit Unabhängigkeit.
Es klingt hart, aber es ist die Realität: Europas öffentliche Institutionen laufen auf fremden Betriebssystemen, mit fremder Software und fremden Standards. Digitale Leibeigenschaft, erkauft mit Bequemlichkeit.
Dabei gäbe es Alternativen.
Open Source ist eine davon. Die Idee dahinter ist so simpel wie revolutionär: Software, deren Quellcode offen liegt. Die jeder prüfen, verändern, verbessern darf. Die von Gemeinschaften getragen wird, nicht von Aktionären. Open Source bedeutet Transparenz, Anpassbarkeit, Kontrolle. Und ja: auch Sicherheit. Denn was viele Augen sehen, können viele Hände reparieren.
Open Source ist keine Wunderwaffe. Aber sie ist ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Viele Kommunen in Deutschland (München, Dortmund, Schleswig-Holstein) haben das erkannt und experimentieren mit Linux-Desktops, mit LibreOffice, mit offenen Fachverfahren. Manche scheitern, andere lernen. Es ist ein zäher Weg. Aber einer, der gegangen werden muss, wenn Europa im 21. Jahrhundert nicht digital kolonialisiert werden will.
Am Ende ist digitale Souveränität keine Frage der Technik. Es ist eine Frage des politischen Willens. Wer sich abhängig macht, verliert Handlungsspielräume. Wer Kontrolle über seine digitalen Werkzeuge hat, kann gestalten. Für eine Demokratie, die sich nicht auf fremde Server verlässt, sondern auf eigene Stärke.
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